Besuch bei Werner Bachmann, Drechslerei Brandenburg, in Groß Rheide
Mit meiner Ankündigung, dass wir mit unserem Stammtisch den letzen Drechslermeister im Norden besuchen wollten, trat ich unbewusst im Drechslerforum eine Diskussion um diesen Begriff los. Mir war schon klar, dass es noch Drechslermeister im Norden gibt, denen ich natürlich nicht ihre Reputation absprechen wollte. Es ging mir um den Hinweis auf den letzen noch voll funktionsfähigen professionellen Betrieb hier im Norden, der der Hamburger Innung von 1375 angehört und dessen Wimpel ihm im Jahre 2009 verliehen wurde.
So empfing uns am 07.05. ein auf die Besucher gespannter und gut aufgelegter Werner Bachmann zur vereinbarten Zeit in seiner Werkstatt. Sofort ins Auge fiel, dass alles blitzsauber, aufgeräumt und gut organisiert war. Werner begründete dies mit einer entsprechend harten Lehrzeit, von der sich ihm einiges erst während seiner Selbständigkeit erschlossen hat. Sicherlich spielt hier aber auch sein vorheriges berufliches Leben als Chief-Ing. in der Seefahrt mit hinein, in dem Ordnung und Organisation am Arbeitsplatz überlebenswichtig waren.
Von der Seefahrt getrennt hat sich Werner im Jahre 1999, weil die vielen Stunden im Dienst anfingen, seine Gesundheit zu belasten. Eigentlich suchte er dann nur einen Resthof, um Ruhe zu finden und sesshaft zu werden. Den fand er in Groß Rheide und wurde dabei mit dem Drechslermeister Hans-Eberhard Brandenburg bekannt. Diese Begegnung war ein Wendepunkt in seinem Leben. Da das Drechseln bereits seit vielen Jahren Hobby in der kargen Freizeit war, bot er Hans-Eberhard Brandenburg die Übernahme seines Betriebes an.
Es schlossen sich Drechslerausbildung und Meisterprüfung an und in den Stallungen des Resthofes wurde mit erheblichem finanziellem Aufwand ein modern und neu strukturierter Betrieb aufgebaut. Lediglich zwei alte Maschinen, wie z. B. eine Bandsäge, wurden aus dem Brandenburger Betrieb übernommen. Alles andere ersetzte Werner durch neueste Maschinen (s. Fotos). So ist der Betrieb heute in der Lage, z. B. Treppensäulen von 5 Metern Länge und mit einem Durchmesser von bis zu 60 cm herzustellen. Die Anforderungen seitens der Kundschaft sind denn auch vielfältig genug.
Das geht von Nachfertigung alter Treppenanlagen über Möbelteile, Treppensprossen, Rundstäbe und Blitzableiter für Reetdächer bis hin zu maßhaltig gefertigten Registergriffen für den Orgelbau. Ein Großteil der Arbeiten geht nach Sylt und ca. 20% nach Hamburg-Blankenese. Eine Wand voller Fotos und Muster von gefertigten Stücken zeugen von der Vielfalt der Arbeiten. Im Ausstellungsraum steht als Beispiel meisterhafter Präzision ein von Werner als Meisterstück gefertigtes Kinderbett für seinen Enkelsohn. Aber auch Schalen oder Blumensäulen, die er zwischendurch mal so aus Spaß und zur Entspannung fertigt, zeugen von handwerklicher Qualität und seiner Liebe zur Drechselei. Wichtig ist ihm dabei immer, dass das verwendete Holz zur Geltung kommt
Die sowohl auf Seiten von Werner als auch bei den Besuchern vorhandene Spannung legte sich sehr schnell mit der Feststellung, sich sprachlich und vom Verständnis her auf gleicher Ebene zu befinden. So war man dann beim Rundgang durch den Betrieb schnell im Thema und durch die interessierten Zwischenfragen wurde auch die fachliche Kompetenz der Besucher deutlich. Andererseits verstand Werner es aber auch, die teilweise trockene Materie mit Anekdoten zu würzen und das Interesse wach zu halten. Bei den Erläuterungen zu seinen Maschinen, den Hinweisen auf Funktionsweise und vor allem die Pflege derselben kam dann doch ab und an der frühere Maschineningenieur durch. Das war auch den Maschinen anzusehen, die sich trotz des intensiven Gebrauchs in einem ausgezeichneten Zustand befinden.
Erstaunt waren die Besucher über die Vielfalt des Produktionsprogramms und äußerten sich anerkennend über die Präzision der Arbeiten, die an diversen Mustern oder fertigen Stücken festzustellen war. Ein kurzer Diskurs über das Schleifen von Drechselwerkzeugen und ein Blick in das Büro mit angrenzendem Besprechungsraum beendeten dann den Rundgang. Dort konnte man auch einen Blick auf den Innungswimpel der Hamburger Innung von 1375 werfen, der vermutlich letztmalig an einen Betrieb verliehen wurde.
So verging die Zeit wieder viel zu schnell und das warme Wetter tat ein Übriges, den Kaffeedurst bei allen Teilnehmern zu wecken. Hierfür war im Garten der Tisch vorbereitet und mit angeregten Gesprächen und Diskussionen über viele Aspekte unseres schönen Hobbys klang dieser interessante Nachmittag aus.
Hier geht es zu den Stammtischbildern: