...nach Maß
Am Vorführtisch steht heute Sönke, der uns in Krempel in einer Werkstatt zeigen möchte, wie wir runde Bilderrahmen drechseln können. Zuvor zeigt er uns anhand diverser mitgebrachter Bilderrahmen, was er bereits alles auf seiner heimischen Drehbank in der Vergangenheit geschaffen hat. Darunter finden wir Delfter Fliesen, die er mit einem Winkelschleifer rund bearbeitet hat, so dass sie in seine Holzrahmen passen. Auch ein thematischer Ausflug in die Bearbeitung von Glas (rund!) ist dabei, schließlich wollen ja Bilder geschützt sein.
Es geht nun an die Umsetzung und dazu hilft eine Skizze. Als ehemaliger Lehrer ist Sönke perfekt vorbereitet und zeigt uns, wie seine Rahmen im Querschnitt aussehen. Maße dürfen auf der Zeichnung natürlich nicht fehlen, denn diese kommen mit einer Schieblehre auf den vorbereiteten Rohling. Zuerst ist die Vorderseite dran. Der Rahmen wird vorderseitig komplett fertig gedrechselt und geschliffen und am inneren Rand erfolgt ein Einstich in die Tiefe, jedoch noch kein Durchstich. Wie tief gestochen werden muss, entnehmen wir seiner Skizze. Danach kommt ein Rezess in die Mitte und das Werkstück wird für die rückseitige Bearbeitung umgespannt.
Bis hier hin ist alles vergleichsweise einfach, aber nun gilt es sich auf der Rückseite so gut zu orientieren, dass beim Einarbeiten einer Falz kein ungewollter Durchbruch entsteht. Auch hier helfen Schieblehre und die Zeichnung mit den Maßen ungemein - ein Stückchen zu tief und ein frühes Ende droht! Daher misst Sönke immer wieder und hält schließlich rechtzeitig auf; es fehlt nur noch der finale Abstich!
Das Abstechen wird sorgfältig mit Lampe und Klebeband vorbereitet. Mehrere Steifen Klebeband kommen auf die Vorseite. Ihre Aufgabe ist es den später losen Rahmen am Mittelstück zu halten, um zu verhindern, dass der Rahmen weg fliegen kann. Eine helle Lampe auf der Vorseite scheint durch das Holz sobald das Material dünn genug ist und zeigt uns somit den kurz bevorstehenden Durchbruch an.
Obwohl Sönke Maße und Skizzen liebt, kommt es nun zu ersten Mal nicht auf ein Millimeter-Maß an, sondern vielmehr auf ein gutes Augenmaß. Und auf eine ruhige Hand! Der Falz wird auf der Rückseite weiter in die Tiefe getrieben, bis das Licht anfängt durchzuscheinen. Sönke kann genau erkennen, wann das Material so dünn ist, dass er vom Abstechstahl auf den Meisel wechseln muss. Nur noch einen Hauch Holz hält den Rahmen am Mittelstück fest. Als hätten wir in die Zukunft schauen können, klappt auch dieser letzte Schritt vollkommen.
Ein kräftiger Applaus war Sönke sicher, auch wegen seiner tollen Art Dinge zu erklären!
Übrigens, das Wort "Maß" habe ich nun mehr als ein halbes Dutzend mal geschrieben, aber einmal kommt es noch:
Wie hieß die Firma noch gleich, die uns heute Unterkunft bot?
„Tischlerei ...nach Maß“. Was für Zufälle es manchmal gibt! :-)
Vielen Dank an die Tischlerei, dass wir zu Gast sein durften!
Uwe